Der Pehlitzsee

Dynamik pur

Der Pehlitzsee gehört wie der Wesensee zu den Gewässern der Brodowiner Landschaft, deren Wasserstand auf unergründliche Weise in langen Zeiträumen von Jahrzehnten schwankt. Die Schwankungen folgen nicht direkt den Niederschlagsereignissen und sind schwer vorauszusagen. Etwa im Jahr 2000 war die Wasserfl äche des Pehlitzsees ungefähr doppelt so groß wie heute. Im südlichen Teil, also nahe dieser Station, gab es neben einer offenen Wasserfläche mit direkter Verbindung zum Nordteil auch Reste abgestorbener Gehölze, die aus dem flachen Wasser ragten. Sie zeugten von Zeiten, als der Wasserstand viel niedriger war und Gebüsche und Bäume in der Seefl äche wuchsen. Etwa von 2014 bis 2017 verschwand die Wasserfläche im südlichen Teil des Sees wieder und Schilfröhricht überwuchs die Fläche. An einigen Stellen wuchsen Weidengebüsche auf. Seit 2018 steigt der Wasserpegel wieder an.

 

Diese dynamische Entwicklung sorgt für eine interessante, sich ständig verändernde Vogelwelt. Während Ende der 1990er Jahre Hauben- und Zwergtaucher im südlichen Seeteil brüteten und auf den Gehölzstümpfen Flussseeschwalben, Lach- und Sturmmöwen eine kleine Brutkolonie bildeten, bestimmten 2013 bis 2015 das Geschwätz der Rohrsänger und die dunklen, klangvollen Rufe der Rohrdommel das Vogelkonzert im Frühjahr. In der Austrocknungsphase 2015 bis 2017 rasteten im Spätsommer an den schlammigen Restwasserflächen Watvögel wie Bruch- und Waldwasserläufer, Grünschenkel und Bekassine. Regelmäßig waren Graureiher und Schwarzstörche zu beobachten, die die flachen Wasserlachen abfischten.

 

Etwa im Jahr 2000 wurde der Pehlitzsee vom Ökodorf Brodowin Verein erworben, auch, um die damals bestehende Möwen- und Seeschwalbenkolonie zu schützen. Falls der Wasserstand wieder stark ansteigen sollte und sich die frühere Seefläche wieder einstellt, können vielleicht auch die Seeschwalben und Möwen zurückkehren.


„Olle, heb die Botten, komm’n Klamotten“

Die Feldsteine um Brodowin gehören zu den frühesten Migranten der Weltgeschichte. Nicht vertrieben, sondern mitgerissen von den Gletschern der Eiszeit. Auf dem Weg von Skandinavien bis zu uns schliffen Wasser und Eis sie rund oder zermahlten sie zu Schotter und Sanden. Meist bestehen die größeren Steine aus Granit oder Gneis; bei den kleineren fi ndet man aber auch Sandsteine, Porphyre, Quarzite und andere Gesteinstypen.

 

Die vielen Feldsteine und Findlinge (Großsteine mit über einem Kubikmeter Masse) prägen die gesamte Landschaft, sind jedoch besonders auf den Feldern auffällig. Sie sind tief im Untergrund verteilt, nur die wenigsten sind sichtbar. Jedoch werden die Steine bei starkem Frost im Wechsel mit dem von oben auftauenden Boden im Frühjahr nach und nach an die Oberfl äche gedrückt. Auch die allmähliche Bodenerosion durch den Ackerbau brachte die Steine näher an die Oberfl äche. Dort sind sie bei der Feldbestellung im Wege und richten mitunter starke Schäden an landwirtschaftlichen Maschinen an. Sie müssen daher jährlich von den Feldern geräumt werden. Die Sammelplätze sind die Lesesteinhaufen.

 

Auch früher, als in der Landwirtschaft noch viel mehr manuell und mit Pferden und Ochsen als Zugtieren gearbeitet wurde, mussten die Menschen bei der Feldarbeit den Steinen so häufig ausweichen, dass sich einige Brodowiner an zwei ortstypische Reime zurückerinnern:

 

„Kleene, heb die Beene, kommen Steene“

und später im Leben

„Olle, heb die Botten, komm’n Klamotten“.

 

Die Feldsteine fanden stets vielseitige Verwendung. Von den ab ca. 7000 v. Chr. hier ansässigen germanischen Stämmen wurden große Findlinge zur Anlage von Grabstellen verwendet, etwa auf dem Koppelberg.

 

Im 13. und 14. Jahrhundert n. Chr. begannen die Zisterzienser, die Fahrwege mit Pflastersteinen zu befestigen. Heute sind insgesamt 300 km Pflasterstraßen im Biosphärenreservat als kulturhistorische Landschaftselemente geschützt. Die mit den Steinen errichteten Häuser, Scheunen, Brunnen und Straßen prägen bis heute die Orts- und Landschaftsbilder, etwa am Brodowiner Dorfanger.

 

Die bereits erwähnten Lesesteinhaufen an den Feldrändern bilden einen charakteristischen Lebensraum mit vielen Nischen, Höhlen und Versteckmöglichkeiten. Sie speichern die Sonnenwärme gut und sind für Eidechsen, Ringelnattern, Mäuse, Kröten, Mauswiesel, Hermelin, Spinnen und Insekten ein wertvolles Zuhause. Ab und an lässt sich auch der Steinschmätzer, ein sehr attraktiver schwarz-weiß-grauer Vogel mit schwarzer Augenbinde, hier beobachten. Lesesteinhaufen sind deshalb nach dem Brandenburger Naturschutzgesetz geschützt. Niemand darf sie ohne Genehmigung beseitigen.

 

Am Pehlitzsee lädt eine Ansammlung großer Feldsteine und Findlinge zum Verweilen ein. Hier können Kinder klettern und spielen – und es lässt sich gut picknicken!